Predigttext vom Dreifaltigkeitssonntag

Korintherbrief Kapitel 13, die Verse 11-13:

 

 

11 Zuletzt, liebe Brüder, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein. 12 Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen euch alle Heiligen. 13 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

 

Einerlei Sinn haben, Frieden halten, sich untereinander heilig sein.

 

Heute, am Sonntag Trinitatis, geht es ja um den dreieinigen Gott; um einen Gott, der Vater, Sohn und Heiliger Geist ist und dennoch, das Thema unseres Predigttextes ist vor allem der Heilige Geist. Das, was die Offenbarung dieses Menschen Jesus Christus und der darin sichtbar gewordene Gott, mit unseren Herzen und unseren Sinnen beginnt, oder besser gesagt beginnen will. Das, was vor 2000 Jahren seinen Ursprung genommen hat und sich dennoch weiterhin entfaltet - der Geist Christi, und in ihm die Wirklichkeit Gottes.

 

Warten auf den Heiligen Geist – aber gerade nicht im sprichwörtlichen Sinne!

 

Doch was soll dieser Heilige Geist sein? Geist - was ist das überhaupt?

 

Geist - Vielleicht denken manche an Geister im Sinne von Gespenstern. Gespenster, das wären dann quasi Schattenbilder von einst lebenden Personen, die diese Erde aus irgendwelchen Gründen nicht verlassen können und nun durch die Welt spuken.

 

Für uns Christen liegt allerdings dieser Gedanke fern, denn wir glauben, dass wir, wenn wir diese Welt verlassen, von dieser Erde erlöst werden, und auch von allem Bösen erlöst werden. Christen glauben, dass sie, wenn sie sterben, vielleicht noch eine kurze Zeit Abschied von ihrem Körper nehmen, aber dann sind sie bei Gott.

 

Geister, die über die Erde spuken müssen, als Bestrafung für Sünden hier auf dieser Welt - und diese Bestrafung würde dann ja noch so ausfallen, dass die Lebenden von den Toten belästigt würden - an so etwas glauben wir nicht. Es würde auch nicht unserem Bild von einem gnädigen Gott entsprechen, der ein liebender Vater ist.

 

Aber wenn es beim Geist nicht um Geister im Sinne von Gespenstern geht, worum geht es dann?

 

Vielleicht denken wir jetzt an die großen Geister der Geschichte, d. h. die großen Denker der Weltgeschichte. Geist als die Begabung, sich großartige Gedanken machen zu können. Vielleicht denken wir an den noch nicht allzu lange verstorbenen Astrophysiker Stephen Hawking, an Albert Einstein, an Philosophen wie Sokrates, Karl Marx und an die heutigen Koryphäen der Wissenschaft.

 

Geist als das große Denken der Denker und das große Denkvermögen.

 

Aber das stimmt nur bedingt, denn es gibt intelligente Menschen, die sich tolle Gedanken machen können und dennoch geistlos sind und es gibt schlichte und einfache Menschen, die voll von dem sind, was wir Geist nennen.

 

Es gibt nämlich ein gefühlloses Denken und ein gedankenloses Fühlen. Ein Wissenschaftler zum Beispiel, der seine Intelligenz dazu benutzt, um alle möglichen Waffen herzustellen, dem fehlt der Geist. Geist ist nicht gleichzusetzen mit purer Intelligenz. Beim Geist geht es darum, wofür ich meine Intelligenz einsetze. Herz mit Kopf, Kopf mit Herz. Also Geist hat auch etwas mit Fühlen zu tun. Überhaupt mitfühlend zu sein, das ist sehr geistreich. Nur wer mitfühlend ist, kann sich bereitwillig mahnen lassen, einerlei Sinn haben mit seinen Menschen-Geschwistern, und Frieden halten. Geist als Mitgefühl. Und da sind wir bei unserem Körper, mit dem wir ja fühlen.

 

Unser Körper ist ja auch eine Wirklichkeit des Geistes - und so konnte zum Beispiel der Künstler Joseph Beuys sagen: „ich denke mehr mit meinen Knien als mit meinem Kopf“.

 

Es gibt ja auch eine Körperintelligenz - einen Körpergeist.

 

Zum Beispiel gibt es unter uns vielleicht eingefleischte Näherinnen und Strickerinnen, die Fernsehen gucken können und gleichzeitig einen Pulli, Socken, Schals oder sonstige Dinge stricken oder nähen. Die müssen darüber nicht nachdenken - irgendetwas ist ihnen in Fleisch und Blut übergegangen. Ich selbst würde mich bei einem solchen Unterfangen wahrscheinlich strangulieren. Auch wundere ich mich immer wieder darüber, wenn LKW-Fahrer mit 2 Anhängern rückwärts um eine Ecke fahren - bei mir wäre der Crash vorprogrammiert. Oder wie schafft es eigentlich ein Kranfahrer, mit einem 50 m hohen Kran und einem Ausleger von 10 m einen Stahlträger an einem Stahlseil in einen Schacht zu versenken, wobei der Querträger mit 2 cm Spiel auf jeder Seite gerade so in den Schacht passt. Und gleichzeitig wanken der Kran, der Ausleger und das Stahlseil im Wind. Klar muss man bei dem Genannten auch denken, aber für mich ist das trotzdem ein Wunder an Körperintelligenz, ein Wunder des Geistes, der sich eingefleischt hat, durch langjährige Erfahrung. Mit reinem Nachdenken könnte man so etwas gar nicht leisten - der Kopf wäre viel zu langsam und zu reaktionsarm.

 

Der Kranfahrer ist mitfühlend, was seine Umgebungswirklichkeit angeht - er hat ein Gefühl für den Kran, für das Seil, für den Stahlträger – er ist mit all diesen Dingen verbunden und deswegen kann er überhaupt erst seiner Arbeit nachgehen.

 

In uns ist eine Kraft wirksam, die wir nur künstlich in Denken, Fühlen und Wollen zerteilen. Der Kirchenvater Augustinus schreibt dazu: „Diese Kraft gehört meinem eigenen Ich hier an, sie ist in meiner Natur gelegen, und gleichwohl fasse ich selber nicht ganz, was ich bin. So ist der Geist zu eng, sich selbst zu fassen.“

 

Wir sind verbunden mit allem - mit den Menschen, Tieren, Pflanzen dieser unserer Erde und dem Kosmos, deren Teil sie ist. Und wer ein tiefes Gefühl für diese Verbundenheit hat, kann vielleicht auch verstehen, was Paulus damit meint, wenn er sagt: „Habt einerlei Sinn, haltet Frieden!“.

 

Kein Gestein, keine Sonne, keine Pflanze, kein Tier begreift und fühlt so wie wir, dass wir eben mit allem verbunden sind und als Brüder und Schwestern in Christus Verantwortung tragen für das, was wir Welt nennen.

 

Und bei dieser Verantwortung müssen wir gar keine Kopfakrobatik unternehmen, um zu wissen, was der Heilige Geist ist, den wir auch nie ergründen könnten. Es ist wichtiger zu wissen, was der Geist von uns will oder wie er wirkt.

 

Der Heilige Geist ist das, was uns zur Familie macht – der Heilige Geist verbrüdert, verschwistert, versöhnt - er macht eines Sinnes, er ist die Macht des Friedens. Gott, unser Vater, ist Vater und gleichermaßen Mutter, weil er Kinder hat, nämlich uns - wir sind seine Familie, die Kindschaft hat uns sein geliebter Sohn Jesus Christus offenbart, der ein Leben lebte, wie es den Vater glücklich machte. Und der Heilige Geist ist das Band der Familie, ist der Wille des Vaters, der auch noch den letzten begreifen machen will, dass wir als Menschenfamilie Brüder und Schwestern sind und wir uns auch dementsprechend verhalten sollen. Und heute sind wir sogar so weit, dass es so etwas wie Greenpeace gibt, dass sich Menschen für Artenschutz einsetzen, dass wir uns verantwortlich wissen nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere und Pflanzen und sei es nur in Form des schlechten Gewissens - das ist ein großer Schritt des Heiligen Geistes, denn noch vor 100 Jahren gab es dieses Bewusstsein im heutigen Maßstab nicht. Der Heilige Geist ist ein familiärer Geist - er macht uns in immer stärkerem Maße deutlich, wie groß seine Familie ist. Konnte seinerzeit Albert Schweitzer noch als verschrobener Sonderling betrachtet werden, so zeigt uns heute der Heilige Geist die Wahrheit der Lehre dieses Mannes zum Beispiel in diesem Satz: »Mit allem, was lebt, sind wir durch Wesensverwandtschaft und Schicksalsgemeinschaft verbunden.«

 

Heiliger Geist, das ist etwas, das allen Untergangsszenarien entgegensteht, so dass wir 7 Milliarden Menschen auf der Welt nicht als Bedrohung sehen müssen, sondern als Möglichkeit auf eine bessere Zukunft für alle.

 

Was wäre möglich, wenn 7,3 Milliarden Menschen in einem Geist verbunden wären in einer Vision, zum Beispiel den Planeten, oder besser gesagt unsere eigene Lebensgrundlage, zu retten?

 

Was wäre möglich, wenn Konzernchefs und Aktionäre nicht mehr Milliardenprofite einfahren wollten, sondern zum Beispiel Roboter entwickeln, die Tiere schützen und das Plastik aus dem Meer fischen?

 

Weltuntergangsszenarien sind bequem - ich kann mich dann in eine dunkle Ecke verkriechen und mir einreden, dass ja doch alles keinen Sinn hat. Der Vater und der Sohn und die Ausstrahlung ihrer Botschaft im Heiligen Geist kämpft in uns gegen unsere Bequemlichkeit an, sagt - noch ist nicht aller Tage Abend und immer noch schenkt Euch Gott zum Beweis seiner Gnade Kinder.

 

Der Heilige Geist ist unbequem und darin ist er heilig; er lässt sich nicht unterdrücken; er ist unterwegs mit uns zu einer neuen Welt, zu einer heileren Welt als sie es jetzt ist. Denn heilig ist, was heilt. Wir finden das, was Rettung bringt und uns die Kraft zum Heilen bringt durch den Glauben an Jesus Christus, der in unseren Herzen wohnen will, damit wir in der Liebe eingewurzelt und gegründet sind und bleiben.

 

Amen